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Info 385

Muster-Dienstvertrag vs Gesetz

16. Juni 2018

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

auf der Homepage der Musikschulmanagement NÖ GmbH wird unter Rechtsgrundlagen (Bereich Förderung) ein Muster-Dienstvertrag zum Download angeboten, der zwei höchst problematische Formulierungen enthält, die nach der Rechtsauffassung der Gewerkschaft unserem Dienstrecht widersprechen!

Die folgenden Sätze aus dem Muster-Dienstvertrag...

Dienstvertrag MUSTER I. (S. 1)
"Eine Änderung der Schüleranzahl bewirkt eine Änderung des Beschäftigungsausmaßes und des Monatsbezuges. [Das Beschäftigungsausmaß wird jeweils mit Beginn eines Schuljahres festgesetzt; kommt eine Einigung über dieses Beschäftigungsausmaß nicht zustande, liegt ein Grund vor der den Dienstgeber zur Kündigung des Dienstverhältnisses berechtigt.]"
http://www.musikschulmanagement.at/magazin/00/artikel/86479/doc/d/Dienstvertrag%20-%20MSL.doc

...stehen in Widerspruch zu den folgenden Bestimmungen des NÖ Gemeinde-Vertragsbedienstetengesetzes 1976:

GVBG § 46c Abs. 10
Das Beschäftigungsausmaß kann vom Dienstgeber herabgesetzt werden, wenn sich der Arbeitsumfang nicht nur vorübergehend wesentlich ändert. Kündigt der Musikschullehrer aus diesem Grund, so gilt diese Kündigung als durch den Dienstgeber wegen Änderung des Arbeitsumfanges erfolgt (§ 32 Abs. 4 Vertragsbedienstetengesetz 1948).
https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Landesnormen/LNO40005796/LNO40005796.html

Aufgrund einer Intervention der Gewerkschaft wurde im ersten Satz bei der Änderung der Schüleranzahl zumindest die Formulierung "während des Schuljahres" weggelassen. Immerhin scheinen die politischen Verantwortlichen des Landes also mit der Gewerkschaft übereinzustimmen, dass einseitige Änderungen des Beschäftigungsausmaßes während des Schuljahres auf keinen Fall möglich sind. Schließlich bekommen die Musikschulen auch ihre Fördergelder für die zum Stichtag (30.10.) eingereichten Stunden für das gesamte Schuljahr.

Stundenreduktionen ohne Einverständnis des Dienstnehmers sind jedoch auch am Beginn des Schuljahres nur dann erlaubt, wenn plötzlich und nicht nur vorübergehend wesentlich weniger Anmeldungen im jeweiligen Unterrichtsfach vorhanden sind (Richtwert ein Drittel).
Wer einer geringfügigen Stundenkürzung nicht zustimmt, kann deswegen nicht gekündigt werden. Vielmehr muss der Dienstgeber das bisherige Gehalt weiterbezahlen. Ob und wie er den Musikschullehrer innerhalb seiner bisherigen Lehrverpflichtung beschäftigt (zum Beispiel indem er Schülern aus Gruppen Einzelunterricht gibt, 25minütige Einheiten zu 50minütigen Einheiten aufstockt, dem Lehrer Ensembles oder andere Ergänzungsfächer zuteilt, oder ähnliches), liegt in seinem Ermessen.
Bei einer wesentlichen Änderung kann der Musikschullehrer entweder die Kürzung akzeptieren oder selbst kündigen - nicht umgekehrt! Dass der Gesetzgeber eine solche Kündigung als "durch den Dienstgeber erfolgt" behandelt, hängt lediglich mit den Abfertigungsansprüchen zusammen.
Einvernehmliche Änderungen sind selbstverständlich jederzeit möglich.

Dass sich jede Änderung der Schülerzahl auf die Lehrverpflichtung und das Gehalt auswirken soll, ist nicht nur rechtswidrig, sondern auch praxisfern: Angesichts der Vielfalt an Unterrichtseinheiten und -formen stimmen die Anzahl der Stunden und der Schüler nicht annährend überein. Dass sich vor allem in größeren Gruppen oder Klassenunterricht (wie Schulkooperationen, Früherziehung, Tanz, ...) oder in Ergänzungsfächern (wie Ensembles, Orchestern, Musikkunde, ...) etwas am Stundenausmaß ändern soll, wenn einzelne Schüler aufhören oder dazukommen, hat mit der Praxis nichts zu tun.

Der Muster-Dienstvertrag ist jedoch nur eine Vorlage! Er muss von den Gemeinden oder Musikschulverbänden nicht verwendet werden. Viele übernehmen das Muster allerdings, und Kollegen sehen - gerade wenn sie eine Stelle neu antreten - oft keine andere Alternative, als die Verträge zu unterschreiben. Wenn Sie auch einen Vertrag mit solchen Formulierungen unterschrieben haben, müssen Sie sich dennoch keine Sorgen machen. Denn Gesetze können mit Verträgen nicht ausgehebelt werden - das würde ja das gesamte Rechtssystem ad absurdum führen!

Warum informieren wir dann darüber? Weil vor allem der eingeklammerte Satz [dass man gekündigt werden kann, wenn eine Einigung über das Beschäftigungsausmaß nicht zustande kommt] bei vielen Kollegen den Eindruck erweckt, dass sie Änderungen - insbesondere Stundenkürzungen - zustimmen müssen, um ihren Arbeitsplatz nicht zu gefährden. - Das müssen Sie nicht!

...und es besteht auch gar keine Veranlassung, das Beschäftigungsausmaß am Beginn jedes Schuljahres neu festzusetzen. Denn wenn - vor allem in Musikschulen mit Wartelisten - im jeweiligen Unterrichtsfach genügend Schüler-Anmeldungen oder Ensemblestunden vorhanden sind, und solange sich am Arbeitsumfang nichts oder nichts Wesentliches ändert, besteht keine Grundlage für eine Vertragsänderung.

Kommt es aufgrund einer wesentlichen Reduktion oder einer einvernehmlichen Vereinbarung doch einmal zu einer Änderung, muss spätestens nach einem Monat ein Nachtrag zum Dienstvertrag ausgestellt werden. Wird die Änderung umgesetzt ohne vertraglich fixiert zu werden, wird sie irgendwann als einverständlich angesehen und damit auch dann gültig, wenn man nichts unterschrieben hat. Wenn Sie also mit einer Änderung ihres Beschäftigungsausmaßes nicht einverstanden sind, müssen Sie Ihrem Dienstgeber das möglichst bald (spätestens innerhalb von 3 Monaten) nachweislich mitteilen (eingeschrieben oder mit Empfangsbestätigung).

Lesen Sie dazu auch den Gewerkschafts-Artikel "Verträge und Stundensicherheit", der 2013 im "Notiert" (der damaligen Zeitschrift der Musikschulmanagment NÖ GmbH) erschienen ist. Download unter:
https://www.younion.at/cms/C01/C01_13.4.5.3/ausschuesse/musikschulen/artikel

Für Rückfragen und individuelle Beratung stehen die Ansprechpartner des Musikschulausschusses und die Dienstrechtsexperten der Gewerkschaft gerne zur Verfügung.
Younion NÖ:
https://www.younion.at/cms/C01/C01_13.1/das-sind-wir

Musikschulausschuss:
https://www.younion.at/cms/C01/C01_13.4.5.1/ausschuesse/musikschulen/das-sind-wir

Mit freundlichen Grüßen,

Martina Glatz
+43 664 6145370
martina.isabel.glatz@gmail.com

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Infonetzwerk NÖ Musikschullehrer/innen
www.noe-musikschulinfo.net
noe-mslehrer@gmx.at

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